Hallo,
hier die Vita von Vita:
VITA, HELEN (HELÈNE ELISABETH REICHEL) * 07.08.1928 im bayerischen Hohenschwangau, + 16.02.2001 in Berlin,
blondbeschopfte u. später wuchtige Schauspielerin, Soubrette, Kabarettistin,
Tochter eines Kapellmeisters u. einer Cellistin, ein Urgroßvater war Oberbürgermeister von Moskau,
emigriert wegen der Nazis mit den Eltern 1939 in die Schweiz,
1942-45 Konservatorium in Genf,
1944 Bühnendebüt in Genf,
1946 Schauspielunterricht in Paris,
1946/47 im Pariser Théâtre de Vieux-Colombier mit der Compagnie des Masques in modernen Stücken zu sehen,
ab 1947-49 Ensemblemitglied am Züricher Schauspielhaus (Titelrolle von Pagnols "Madame Aurélie" u. als Solveig in Ibsen "Peer Gynt"),
Juni 1948 in der Uraufführung des "Herrn Puntila" unter Brechts Regie,
Brecht’s Angebot am Ostberliner Theater Berliner Ensemble zu spielen lehnt sie ab, aber auf Brechts Rat wendet sie sich dem Kabarett zu,
Debüt im Nudelbrett in Zürich,
1950 Cabaret Féderal,
1951 Wechsel nach München zur Kleinen Freiheit (mit frechen Chansons u. ironischen Couplets mal spitzbübisch-naiv, mal durchtrieben kodderschnäuzig, mal blondes Dummchen, mal handfester Kumpel), hier trifft sie auf FRIEDRICH HOLLAENDER u. singt seine Lieder (u.a. "Circe", "Die Kleptomanin", "Stroganoff"),
daneben so oft es ging immer wieder Theater, "seriöse" Stücke u. Boulevard, Klassik u. Moderne, Volkstümliches u. Klamottiges, sie steht mit Shakespeare, Molière u. Schiller auf der Bühne, in Stücken von Thornton Wilder u. Urs Widmer, von Ludwig Thoma u. Hanns Henny Jahnn, Neil Simon u. Goethe, T. S. Eliot u. Wolfgang Borchert,
sie ist die Partnerin von Hans Albers in Molnárs "Liliom",
sie brilliert später in Shaws "Frau Warrens Gewerbe" u. ist über Jahre am Münchner Volkstheater eine umjubelte Seeräuber-Jenny in Brechts "Dreigroschenoper",
als halbseidene u. leichtlebige Soubrette u. Sängerin frecher Chansons hat sie sich zu einer Institution der deutschen Kleinkunstszene entwickelt,
1956 verheiratet mit dem Schweizer Orchesterleiter WALTER BAUMGARTNER,
1958 gemeinsame Auftritte mit EVELYN KÜNNEKE im Berliner Kabarett Tingel Tangel,
in den sechziger Jahren präsentiert sie in einer ganzen Schallplattenserie "Frech, frecher, am frechsten, am allerfrechsten" (alt-französische Lieder mit zeitlos-erotischem Inhalt, eindeutigen Zweideutigkeiten machen klar, was Männlein wie Weiblein, das bunte Völkchen aus Edelleuten u. Bettlern, Grafen u. Pfaffen, Gaukler u. Jungfern, Hofschranzen u. Huren, Ehrenwertes wie Lumpenpack, schon um das Jahr 1500 herum auf die Brücke von Avignon trieben)-mit dem Aufdruck "Für Jugendliche verboten!", ein Erfolg ohnegleichen,
kaum ist die erste Vita-Platte auf den Index gesetzt, setzt der Verkaufs-Boom ein–unter der Ladentheke,
ab 1963 erscheinen nun Jahr für Jahr, mit geradezu preußisch inspirierter Präzision, eine LP nach der andern "Freche Chansons"-1963, "Noch frechere Chansons"-1964, "Die frechsten Chansons"-1965, "Die allerfrechsten Chansons"-1966, "Dolce Helen Vita 1"-1967 u. "Dolce Helen Vita 2"-1968,
Dezember 1964 verfügt das Amtsgericht Frankfurt am Main eine Beschlagnahme der Schallplatte "Noch frechere Chansons aus dem alten Frankreich",
im November 1966 erwirkt das Amtsgericht Hamburg den Beschluss, auch die vierte Vita-Platte ("Die allerfrechsten Chansons") zu beschlagnahmen, da sie "überwiegend unzüchtige Darstellungen erhält"-eine Beschwerde gegen diesen Beschluss wird vier Wochen später vom Landgericht Hamburg verworfen: "Die Schallplatte hat unzüchtigen Inhalt.", Freigabe im Februar 1967,
1985 Deutscher Kleinkunstpreis,
Filmschauspielerin, Filme insbesondere unter Nutzung ihres komödiantischen Talentes u.a. "Abgründe Der Herzen"-1950, "Palast-Hotel"-1952, "Man Nennt Es Liebe"-1953, "Liebe Und Trompetenblasen"-1953, "08/15-2. Teil"-1954, "Der Pfarrer Vom Kirchfeld"-1955, "Der Fröhliche Wanderer"-1955, "Urlaub Auf Ehrenwort"-1955, "Zwei Blaue Augen"-1955, "Bonjour Kathrin"-1956, "Heidemarie"-1955/56, "Ein Tolles Hotel"-1956, "Dany, Bitte Schreiben Sie"-1956, "Kirschen In Nachbars Garten"-1956, "Das Einfache Mädchen"-Aug. 1957, "Ferien Auf Immenhof"-1957, "Konditorei Zürrer"-1957, "Frauenarzt Dr. Bertram"-1957, "Heimatlos"-1958, "Schwarzwälder Kirsch"-1958, "Das Mädchen Rosemarie"-1958, "Alle Lieben Peter"-1959, "Du Bist Wunderbar"-Okt. 1959, "Die Gejagten (Die Heuchler)"-1960/61, "Der Hochtourist"-1961, "Es War Mir Ein Vergnügen"-1963, "Die Lady (Gräfin Porno Von Ekstasien) (Die Lady-Das Mädchen Aus Dem Hafen)"-1964, "Ganovenehre"-1965/66, ".... Und Noch Nicht 17"-1967, "Alle Kätzchen Naschen Gern"-1969, "Die Feuerzangenbowle"-1970, "Was Ist Denn Bloß Mit Willi Los?"-1970, "Jürgen Rolands St. Pauli-Report"-1971, "Was Männer Nicht Für Möglich Halten"-1971, "Urlaubsreport"-1971, "Cabaret"-1971, "Traumstadt"-1973, "Drei Mädels Von Der Tankstelle"-1996,
TV-Filme u.a. "Fräulein Pardon"-1959, "Das Waren Noch Zeiten"-1959 Querschnitt durch das New York der 20er Jahre, Satire "Satansbraten"-1976, "Lili Marleen"-1980, "Roulette", "Berlin-Alexanderplatz"-1980, "Derrick"-1982, "Die Krimistunde"-1982, "Die Spesenritter"-1999,
bald legt sie erheblich an Gewicht zu, hat aber keine Scheu, sich selbst zu karikieren,
Solo-Programme wie "Helen Vita total", "Lotterlieder von Brahms bis Brecht" u. "Von wejen Liebe",
seit 1996 Auftritt mit BRIGITTE MIRA u. EVELYN KÜNNEKE in "Drei Alte Schachteln",
CDs "Helen Vita singt frivole Chansons aus aller Welt", "Vor Kurven Wird Gewarnt (30 kurvenreiche Songs)"-2003 auf Bear Family Records,
CD-Box "Da Machste Was Mit … 100 Jahre Deutsches Kabarett"-2009 auf Bear Family Records
Gruß
Dietrich