...... da schlecht fĂŒr die Augen ................
Bonjour tristesse!
Blitzkarriere mit Melancholie: Die groBe Chansonniere Francoise Hardy ist tot
Von Matthias Halbig
âNur ich bin allein, mich liebt niemandâ, sang Francoise Hardy. Im Gegensatz zu allen anderen, die um sie herum Hand in Hand gingen und zweisam ihre ZukunftsplĂ€ne schmiedeten. Eine bildhĂŒbsche Frau mit einer bewolkten Stimme, die ihre Hörer fragte: âWann wird die Sonne fĂŒr mich scheinen?â Die einen glaubten der 18-JĂ€hrigen kein Wort, die anderen hatten gern fĂŒr sie jeden Sturmhimmel blau bemalt. Das Chanson âTous les garcons et les filesâ (All die Jungen und MĂ€dchen), das ein wenig an eine Rock'n'Roll-Schnulze der 50er Jahre erinnerte, hatte Hardy selbst geschrieben, und es wurde zu Frankreichs Herbsthit 1962. 15 Wochen stand Hardys DebĂŒt ab Oktober auf # 1. Bonjour tristesse!
Heute tragen Frankreich und die Popwelt Trauer. Francoise Hardy ist am Dienstag im Alter von 80 Jahren einer Krebserkrankung erlegen. Thomas Dutronc, ihr gemeinsamer Sohn mit ihrem Ehemann, dem SĂ€nger Jacques Dutronc, postete bei Instagram den Satz âMama ist von uns gegangenâ.
Als "französischer Nationalschatz" wurde sie von der âNew York Timesâ vor Jahren bezeichnet. Aber ihr Name hatte einen weltweiten Klang. Schon 1963 errang sie mit âLâamour s'en vaâ (Die Liebe vergeht) fĂŒr Monaco Platz fĂŒnf beim Eurovision Song Contest. Sie sang auf Englisch, Italienisch und Deutsch, hatte Hits in Japan.
Geboren wurde Hardy am 17. Januar 1944 im von den Nazis besetzten Frankreich. Die Mutter zog Francoise und ihre jĂŒngere Schwester Michele allein auf, der Vater - aus reichem Hause und anderweitig verheiratet - half seiner Zweitfamilie kaum. Indes insistierte er auf einer Nonnenschule fĂŒr Kinder aus gehobenen Kreisen, was die einfachen Hardy-MĂ€dchen zur Zielscheibe von DemĂŒtigungen machte. âTous les garcons et les fillesâ war echt empfundene Unsicherheit, da aschenputtelte keine Prinzessin ihrem Publikum etwas vor.
Mireille Hartuch, Leiterin der Talentsendung âLe Petit Conservatoire de la chansonâ bemerkte das Besondere, als Hardy ihr Klassenzimmer betrat. âIch sah nur, dass da ein Funke war, etwas, das aufleuchteteâ. Das sah auch Bob Dylan, der ihr ein Gedicht auf der RĂŒckseite seines Albums âAnother side of Bob Dylanâ (1964) widmete - âfĂŒr Francoise Hardy, am Ufer der Seineâ. 1966 spielte Dylan der 22-JĂ€hrigen nach seinem Pariser Konzert im Olympia im Hotel sein neues Album âBlonde on blondeâ vor. Eine Romanze wurde nicht daraus - âich war so beeindruckt und versteinert, ihn zu treffenâ, sagte Hardy. Und Dylan war am Ende wohl zu schĂŒchtern. Mick Jagger war ebenfalls betört, nannte Hardy das schönste Gesicht des Pop.
32 Studioalben veröffentlichte sie in den sechs Jahrzehnten ihrer Karriere. Udo JĂŒrgens schrieb fĂŒr sie. Auch Rock 'n' Roller und Pop-Stars fanden sie cool, Iggy Pop nahm mit ihr auf, die Britpopper Blur, das Elektroduo Air. Au revoirs kamen jetzt von Rapper Chuck D, von Charlatans-SĂ€nger Tim Burgess und vielen anderen.
2004 er-krankte sie an LymphdrĂŒsenkrebs, und als sie 2016 in ein kĂŒnstliches Koma versetzt wurde, sahen ihre Ărzte sie bereits auf der Schwelle zum Tod. So waren alle ĂŒberrascht, als sie nicht nur daraus erwachte, sondern 2018 mit âPersonne d'au-treâ (Niemand sonst) ein weiteres Album vorlegte. Das bereits nach Abschied klang: âEs ist schon so spĂ€t,â flĂŒsterte Hardy im Ă€therischen Chanson âĂ cache-cacheâ. Der Krebs kam wieder und wieder, und am Ende wollte Francoise Hardy, die nicht mehr singen konnte, nicht mehr leben. Nun ist sie aus der Welt verschwunden, der sie ihre Lieder hinterlĂ€sst. Wie ihr berĂŒhmtestes, das trotz seiner beinahe fröhlichen Melodie zum traurigen Tag passt: âComment te dire adieuâ. Legen wir's auf den Plattenteller als letztes Lebewohl.
GruĂ
Heino