Moin allerseits! Hoffe, ihr hattet ein ebenso schönes Wochenende wie ich. Hier nun, wie angedroht, mein Bericht.
Die Rattles waren für 22 Uhr angekündigt, doch der Konzertabend auf dem Itzehoer Wochenmarktplatz sollte schon um 18 Uhr beginnen, und weil ich die erste Band des Vorprogramms, die Sinners, unbedingt hören und sehen wollte, war ich pünktlich zur Stelle. Über die Sinners werde ich ich gelegentlich irgendwo hier im Forum ein paar Worte verlieren, sie sind es wert! Nach den Sinners waren die Wildecker Herzbuben dran. Nun, entweder mag man ihre Musik oder man mag sie nicht. Ich mag sie nicht... muß aber fairerweise anerkennen, daß die beiden wirklich gute Stimmen haben. Und als dann der eine der beiden (der mit dem Bart) als Zugabe Queen's "I Want To Break Free" zum Besten gab, war ich doch ziemlich beeindruckt.
Die folgende Umbaupause nutzte ich, um meine Position unter vorsichtigem Einsatz von Bauch und Ellenbogen

Zentimeter um Zentimeter in Richtung Bühne zu verbessern. Der Platz war inzwischen nämlich zum Bersten gefüllt, und ich wollte doch wenigstens einigermaßen vernünftig Fotos schießen können. Das klappte auch recht gut, und als die Rattles die Bühne betraten, hatte ich einen guten Platz direkt an der Absperrung, etwa einen Meter vor der Bühne.
Und dann ging es endlich los! Dicky Tarrach saß ziemlich versteckt an der Bühnenrückwand hinter seiner Schießbude, er war kaum zu sehen, dafür aber laut und deutlich zu hören...

Vorn in einer Reihe standen die beiden Gitarristen, beide "Neu-Rattles", und Herbert Hildebrandt am Baß, neben Dicky das zweite Urgestein aus den goldenen Rattles-Zeiten in den 60ern, und Dicky ist auch 1988 die treibende Kraft bei der Rattles-Reunion gewesen (21 Jahre vorher war er es, der die richtigen Leute zur Gründung von Wonderland zusammenbrachte). Leadgitarrist Manne Kraski hat im Laufe der Jahre mit einer Vielzahl an Musikern und Bands zusammengearbeitet. 1983 stieß er zur Hamburg Bluesband, und seit 1990 ist er fester Bestandteil der Rattles. Der zweite "Neue" ist Eggert Johannsen an der Rhythmusgitarre, ein "Original" aus den Zeiten des Star-Club, allerdings spielte er damals nicht bei den Rattles, sondern bei den Giants (vermutlich bevor Gibson Kemp zu den Giants kam). In den 70ern war er zusammen mit Herbert Hildebrandt bei der Band Pegasus, und 1994 stieg er bei den Rattles ein. Beim Gesang ist, mit Ausnahme von Dicky, jeder mal dran, wobei Eggert und Herbert den Löwenanteil haben.
Sie legten los mit "Good Rockin' Tonight", und mit dem zweiten Song "Come On And Sing" langten sie gleich in die Vollen und hatten ihr Publikum sofort fest im Griff, woran sich bis zum Schluß auch nichts änderte. Typische Rattles-Hits wie "Mashed Potatoes" oder "La La La" wechselten sich ab mit Coverversionen von Songs, die man nicht unbedingt von den Rattles erwartet hätte, die sich aber nahtlos ins Programm einfügten. Zwischendurch gab's eine ausführliche musikalische Vorstellung der Bandmitglieder, wobei Manne Kraski mit dem Intro zu "Stairway To Heaven" brillierte. Okay, man mag einwenden, daß das nichts mit den Rattles zu tun hat, aber was soll's, es war einfach schön und bewegend, und das Publikum reagierte mit spontanem Beifall. "My Bonnie" spielten sie als musikalische Verbeugung vor dem kürzlich verstorbenen Tony Sheridan, und dann kam der Höhepunkt des Sets, der größte Hit, der je unter dem Namen Rattles veröffentlicht wurde, natürlich "The Witch". Bei der Hitversion von 1970 war weder jemand von der Urbesetzung noch einer der heutigen Rattles dabei, aber immerhin, Herbert Hildebrandt hat den Song geschrieben, und die Band hat ihn heute ziemlich authentisch gebracht. Unglaublich, wenn ich die Augen schloß und mich nur auf meine Ohren verließ, meinte ich, die Stimme von Edna herauszuhören...

Vermutlich ist es Eggert Johannsen gewesen, der dieses Kunststück vollbracht hat. "The Witch" dauerte allerdings mindestens einer Viertelstunde, der Song diente als Basis für Soli, vor allem für einen langen Part von Manne Kraski, der mit Improvisationen u.a. von Hendrix seine Vielseitigkeit als Gitarrist unter Beweis stellte.
Ja, das war's dann schon fast, als Zugabe gab es Dylans "It's All Over Now, Baby Blue", ein großartiger Song zwar, aber, bitte nicht böse sein, liebe Rattles, der paßt irgendwie nicht zu euch, zumindest nach meiner unmaßgeblichen Meinung... Warum nicht als Abschiedssong das zumindest vom Titel her ähnliche "It's All Over Now" aus dem Stones-Repertoire, oder, wenn's denn etwas Ruhiges sein soll, wie wär's mit "Spanish Harlem" aus dem Rattles-Repertoire? Aber ich will wirklich nicht meckern, es war ein absolut großartiges Konzert. Dies war mein erstes Rattles-Konzert (eigentlich traurig für einen Hamburger Beatfan von 62 Jahren... :roll: ), aber mit Sicherheit nicht mein letztes!
Es gab dann noch die Möglichkeit, Autogramme zu bekommen. Meine mitgebrachte Original-LP von 1964 wurde mit einem anerkennenden Lächeln in Empfang genommen und von Herbert und Dicky unterschrieben, ebenso die Star-Club News mit den Rattles auf der Titelseite. Für die beiden "Neu-Rattles" hatte ich etwas aus dem Internet improvisiert und bekam auch hier die gewünschten Autogramme. Der krönende Abschluß eines tollen Konzertabends!
So, genug Text! :roll: Jetzt noch die komplette Setlist und dann ein paar Fotos!
Gruß, Wolfgang
Die Songs:
1. Good Rockin' Tonight
2. Come On And Sing
3. Sha La La La Lee
4. La La La
5. Unchained Melody
6. Mashed Potatoes
7. Hippy Hippy Shake
8. Mona
9. Twist And Shout
10. Wooly Bully
11. Zip A Dee Doo Dah
12. White Sharks In The Whirlpool
13. All I Have To Do Is Dream
14. Runaway
15. Great Balls Of Fire
16. Long Tall Sally
17. Vorstellung der Band, mit:
17a. Stairway To Heaven
17b. Can't Help Falling In Love
18. Knockin' On Heaven's Door
19. Hotter Than Hell
20. My Bonnie
21. The Witch, mit:
21a. Hey Joe
21b. Little Wing
22. It's All Over Now, Baby Blue